In den Nachrichten ist gerade die Rede von der Besorgnis des Westens, dass in Ägypten die Muslimbrüderschaften, die Macht übernehmen könnten. Das ist bekanntlich eine radikale und brutale Islam-Bewegung, die sich von Al Kaida eigentlich nur darin unterscheidet, kaum Macht zu haben, nicht aber in der Radikalität und Gewaltbereitschaft, die ganz offen dafür antritt, alle Ungläubigen zu erschlagen.
Aber was heisst hier könnten? Sie haben es schon getan, sie haben die Macht schon übernommen. Allerdings gehen sie dabei sehr schlau vor.
Heute früh redete in Moma diese deutsch-iranische Journalistin Golineh Atai über den Systemumsturz im Pharaonenland. Die war eine Zeitlang WDR-Korrespondentin aus Kairo, hatte da, wie sie erzählte, noch immer extra gute Connections. Man hatte die Frau nur erleben können, wie sie da strahlte, als sie von den Tollheiten erzählte, die in Ägypten just passieren. Sie verkaufte da eine extreme Begeisterung, als sie schilderte, wie die Kopten nun Hand in Hand mit Muslimen gegen gemeinsame Feinde (= das alte System) und für eine bessere Zukunft kämpfen, wie sich das Volk gegenseitig Hilft (in etwa, indem es den Schutz der Wohnungen organisiert, damit die Massen auf die Strasse und zu Demonstrieren kommen), wie ein bekannter Islamit (Name hatte ich leider nicht behalten), der zu 3x-lebenslänglich verurteilt wurde und nun frei ist, ganz entscheiden nach einer pluralistischen Gesellschaft ruft. Und lauter solche Dinge.
Da kommen einem nicht nur wegen der sprühenden Begeisterung der Islamitin (die Frau ist promovierte Islam-Wissenschaftlerin, also gläubig, somit dem Sieg des Islams unbedingt verpflichtet) diverse Gedanken in den Kopf. Wieso laufen jetzt da plötzlich die Kopten mit den Muslimen Hand in Hand gegen das alte System. Einerseits hatten sich die Kopten schon immer um besseres Auskommen mit dem Islam bemüht; ginge ihnen nur in die Rechnung. Das scheiterte aber grundsätzlich an der faschistischen Intoleranz der Muslime. Die betrachten Kopten natürlich als die Ungläubige, und ihr oberster Kameltreiber hatte ja ihnen erzählt, die Ungläubigen entweder zu bekehren oder aber zu vernichten. So hatten die Kopten eigentlich nur das alte System als Schutz vor Pogromen. (Was es da neuerdings doch Koptenpogrome gab, das beweist nur, dass das alte System schon vor dem Exitus war.) Also sägen die Kopten eigentlich nur den Ast ab, an dem sie sitzen, wo sie nun mit den muslimischen Brüdern `für eine bessere Zukunft kämpfen`.
Doch eben hier kommt diese sprühende Begeisterung ins Spiel, die von der Frau da so tatkräftig für das Deutsche Fernsehen nachgemacht wurde: schon die Chance, das System des kapitalistischen Unterdrückung zu stürzen, macht die Kopten unvorsichtig. Wer von uns würde das alte System, der ihn aussaugt und am Boden hält, nicht gerne weghaben? Vermutlich nehmen die Kopten an, bei einem Neuanfang die Politik in richtige Relationen zu bringen und somit die Pogrom-Gefahr seitens der Muslime unter Kontrolle zu bekommen.
Irgendwie kapieren sie nicht, dass die Muslime schon dabei sind, die Kontrolle total zu übernehmen. Diese äusserst funktionelle Organisation, die ganze Stadteile vor den Plünderungen schützt, während das Volk demonstriert (von der Frau Atai so Himmelhoch jauchzend schwärmt), die kann nur von jemanden installiert werden, der schon über eine zuverlässig funktionierende Organisation mit gut strukturierten Hierarchie verfügt. Dass so eine Organisation im alten System unbedingt als Verfassungsfeindlich gelten muss (welcher Staat duldet schon einen anderen Staat in seinem Gefüge), bedeutet das, diese hätte sich nur in der Illegalität entwickeln können. Womit wir zu den Muslim-Brüderschaften kommen. Nur die radikalen Muslime hätten innerhalb des alten Systems so eine Organisation aufbauen können.
Jetzt bedenkt man. Die Fascho-Muslime übernehmen die Kontrolle über die ganzen Stadtteile. Sie sind gut organisiert und ihren Anführern total ergeben. Jetzt stürzt das alte System um. Nun sollte es zu der Organisation eines neuen Systems kommen. Eines pluralistischen, eines demokratischen, eines selbst bestimmtes und freiheitlichen, wie die Frau Atai da mit leuchtenden Augen kolportiert. Aber glaubt man im Ernst, die Muslim-Brüderschaften werden die Macht, die sie durch die Kontrolle über die Stadtteile erlangt hatten, wieder abgeben?
Dieser Kerl da, der für eine pluralistische Gesellschaft antritt, hätte seine 3fach Lebenslang bestimmt bekommen, weil er irgendeine islamische Schweinerei angerichtet hatte. Meint, der ist in seinem religiösen Wahn nicht weniger verbissen, als die religiösen Vollidioten von Taliban und Al Kaida. Und dass so einer jetzt seinen bedepperten Propheten sozusagen verrät, und zwischen den `tausend Minaretten` Kairos nun Koptenkirchen zulassen wird, davon können nur total naive Menschen träumen.
Also, Kungfutius glaubt das auf gar keinen Fall.