Das ist eine seltsame Scheu, die man vor dem Problem der Überpopulation zeigt. Das heisst, vermutlich ist da eine atavistische Angst im Spiel. Überpopulation bedeutet knallhart viel zu viele Menschen, und jeder von uns kann/darf zu diesen viel zu vielen und überflüssigen Menschen zählen. Also macht man lieber die Augen vor der herannahenden Katastrophe, die ohne Gegenmassnahmen mit einer unwahrscheinlich hohen Sicherheit den Höhenflug der Idee Mensch beenden, somit die Menschheit den Weg alles Vergänglichen schicken wird.
Dabei sind die Anzeichen, dass die Grenzen der Aufnahmefähigkeit der Erde längst schon erreicht sind unübersehbar. Für den Sehenden ist jeder neue Erdenbürger potentiell der sprichwörtliche Tropfen, der das Glas zum Überlaufen bringen, die Endkatastrophe auslösen könnte.
Hier, auf diesem Foto ist ein Aspekt der Überpopulation in aller seiner Drastik erkennbar. Das Foto zeigt den Wohnungsbau in China, wo stündlich (24 Stunden täglich, 7 Tage die Woche) neue Wolkenkratzer entstehen. Jeder Mensch hat anrecht auf menschenwürdige Unterbringung, das lasse sich nicht leugnen, doch daraus wird ein Problem, wenn nunmehr knappe anderthalb Milliarden Chinesen jeder seine menschenwürdige Behausung haben will. Um das Problem wenigstens im Ansatz zu lösen, wird durch enormen Bauboom die ohnehin extrem kaputte chinesische Umwelt noch weiterhin über alle Massen beansprucht, die armselige Reste der Natur geschändet, die letzten Ressourcen räuberisch abgebaut.
Gerade darüber gab es neulich eine kleine Nachricht in den Medien. Die wurde kaum beachtet, weil sie an sich kein bisschen Spektakulär ist. Und doch zeigt sie extrem deutlich, dass das Ende der Populationsfahnenstange erreicht ist, dass wir uns bald in einem Veitstanz der zusammenbrechenden Sozialstrukturen wieder finden müssen, wo das Chaos jede Vorstellung von Apokalypse übertreffen wird und die Lebenden die Toten beneiden werden. Da war die Rede von der zunehmenden Sandknappheit an den internationalen Märkten. Die Preise wachsen und man ist bemüht, neue Ressourcen zu erschliessen. (Hier etwas mehr darüber.)
Allerdings ist das leichter gesagt als getan. Zwar gibt es auf dem Planeten massig Wüsten, und die bestehen oft aus schier unerschöpflichen Sandbergen, doch das Problem dabei ist die mangelnde Eigenschaft des Wüstensandes als Betonsubstanz. Aufgrund seiner runden Struktur lässt sich der nicht gut einbinden und die damit erreichten Bauten werden rissig und brüchig. Der einzige Sand, der sich für Bau eignet, kommt aus den Flüssen und aus dem Meer, und da ist bereits so ziemlich alles abgebaut, was sich abbauen lasse. So verschwinden gerade in Südostasien, wo fast ein Drittel der Weltbevölkerung lebt, ganze Strände, die man aushebt und in die Bauvorhaben steckt. Dass dabei die Natur leidet und die ökologische Netze kaputt gehen, versteht sich von selbst.
(Und im Übrigen existiert natürlich auch hier bereits eine Sandmaffia. Man baut im grossen Stil den Wüstensand ab und verhökert ihn als den vollwertigen Bausand. Wobei auch der Abbau illegal ist. Besonders in der Sahara wird Sand massiv geklaut.)
Denkt man dann weiter, dass in China noch nicht mal 20 Prozent der Bevölkerung menschenwürdig untergebracht ist, und in Indien, Bangladesch, Indonesien und übrigen Indochina die Sache auch nicht viel besser ausschaut, so kann man sich vorstellen, dass unsere stolze Hightech-Zivilisation zwar nicht auf dem Sand gebaut ist, doch (unter anderem auch) am Sand untergehen wird.