Ach, sagte ich da, die beiden Nachrichten, die vorherige und diese, lassen sich fabelhaft miteinander verbringen? Da irrte ich mich wohl. Die beiden Welten sind, nach allerstrengsten Massstäben der Vernunft, der Moral und Ethik, grundverschieden. Modern gesagt, sind sie absolut inkompatibel.
Da gab es in `Forbes` so ein Artikel über die Freude der Bonuszahlung. Da geht es nicht darum, möglichst so und so viel Prozenten billiger zu bekommen, um möglichst viel einzusparen, da geht es ums Gegenteil, da geht es um das schwierige Problem, wie man das viele Geld ausgeben kann, das man hat. `Forbes` schätzt, dass die Mitarbeiter der Finanzunternehmen in New York im Jahr 2008 14,54 Milliarden Euro kassierten*.
Und das viele Geld will ausgegeben werden.
Wofür sich `Forbes` eigentlich interessierte, sind die Shoppinggewohnheiten dieser Superreichen? Wofür sie das Geld ausgeben. Da kam es zutage, dass man das Geld vor allem für die Dinge ausgibt, die Aufmerksamkeit erregen.
Man kauft Zenith-Tourbillon Uhren für mehr als 100.000 Euro oder japanische Mikimoto-Perlenketten für 25.000 und sonstigen Schmuck für noch mehr Geld. (Ein Juwelier aus Manhattan schätzt 10-15% seines Jahresumsatzes machen die Bonuszahlungen der Finanzmafia.) Man trinkt Remy XO, Pineau des Charentes und Veuve Clicquot, wohnt in Schlössern und sonstigen teueren Anwesen, hat Marmor-Badezimer, eigenen Buttler, Koch und Chauffeur, fährt Daimler & Maybach & Jaguar oder die edlen Sportwagen aus Zuffenhausen, Maranello und Santa Agatha. Man hat Yachten und Privatflugzeuge. Man macht verrückte Urlaube oder fliegt sogar zu der Raumstation.
(Für den Preis solchen Fluges lassen sich ungefähr 1000 Hartzer durch das Jahr bringen.)
Nein! Hier geht es nicht um diesen unüberbrückbaren Bogen zwischen den SOS-Genossenschaft und den Bonuszahlungen der Manager und ihrem Luxusshopping. Man sagt zwar, die Demokratie ist eine Gesellschaft der Gleichen, und eben dieser Bogen straft diese Behauptung Lüge. Doch das ist von keiner Relevanz für den Lauf der Dinge, wer sich darüber aufregt ist vermutlich ein Filosof oder sonst wie megadumm.
Ne. Da geht es um etwas anderes. Es geht um diese Behauptung bei Forbes, die Bonuszahlungen werden im Grunde nur dazu benutzt, um aufzufallen. Man bekommt also Millionen und zeigt das auf protzigste Weise, dass man sie bekommen hatte.
Auf dem ersten Blick erscheint solches Vorgehen extraordinär und dumm: nur Bauerntölpel geben mit dem Geld an. Da gibt es dieses schöne deutsche Wort `Über das Geld redet man nicht man hats!`
Doch dieses Wort hat offensichtlich kein Gültigkeit mehr, es scheint veraltert zu sein. Denn das war die Anständigkeit des alten Reichtums, sich als solches nicht zu zeigen. Wohl hatte man noch Anstand und schämte sich insgeheim, weil man so viel gestohlen hatte.
Und ist heute aller Anstand zum Teufel? Schämt man sich überhaupt nicht mehr? Wo man so protzig sein Reichtum zur Schau stellt.
Das hat mit dem Scham nichts zu tun. Die Protzerei mit dem Reichtum ist auch nicht sich selbst Zweck, sie erfüllt eine höhere Funktion. Sie bedingt nämlich, dass man auch weiter im Spiel bleibt und auch weiter seine Bonusse bezieht. Denn wie Forbes es gerade sagt: man will auffallen. Und wer auffällt der wird nicht übersehen, der bleibt am Ball.
In unserer Zeit der unübersehbaren Milliarden, ist das nämlich extrem wichtig, nicht übersehen zu werden. Und bei der Konkurrenz ist es schon schwer, aufzufallen, weil mit sonstigen Attributen der Menschlichkeit (Kunstmachen, oder Sport, oder was ähnliches) heute fast unmöglich aufzufallen ist, man muss schon extrem viel Glück oder viele gute Beziehungen haben, will man sich hier durchsetzen. Da es aber in unserer Welt so viel Armut gibt, so fällt man garantiert auf, wenn man seinen Reichtum zeigt.
Wie viele Millionäre und Milliardäre es nämlich auch gibt, sie bleiben in den Milliardenmassen garantiert immer äussers auffälligen Erscheinungen.
* Wenn jemand meint, das wäre viel Geld: im Jahr zuvor betrug der Bonus 26 Milliarden Euro!